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Vor der Amtseinführung Trumps als Präsident der USA fällt eine Diskrepanz auf zwischen der steigenden Nervosität in der medialen Öffentlichkeit einerseits und scheinbarer Gelassenheit an den Kapitalmärkten andererseits. Letztere konzentrieren sich auf die Frage, welche konkrete Politik tatsächlich in den kommenden Monaten von Trump zu erwarten ist, und das Ergebnis der Analysen fällt bislang offenbar nicht klar negativ aus. Die Ursache liegt in den Punkten, die bereits im Umfeld des Wahltermins die US-Aktienmärkte beflügelt hatten: Sowohl die Aussicht auf weitere Steuersenkungen als auch auf umfassende De-Regulierungsmaßnahmen lassen höhere Unternehmensgewinne insbesondere für US-Unternehmen (und ganz besonders für deren Aktivitäten im Inland) erwarten.
Dennoch ist das Kapitalmarktumfeld nicht nur positiv, und das zeigt sich vor allem an den steigenden Langfristzinsen. Hinter dieser Entwicklung steht die Sorge vor einer anhaltend hohen oder möglicherweise sogar wieder steigenden Inflation in den USA. Angetrieben werden könnte ein solcher Inflationsanstieg durch gleich mehrere Faktoren: Da ist erstens die Drohung mit Zöllen auf US-Importe, die grundsätzlich das Preisniveau in den USA in die Höhe treiben könnten. Derzeit überwiegt die Erwartung, dass Trump Zölle in erster Linie als Druckmittel für die Durchsetzung eigener Interessen einsetzt. Zu bedenken wäre aber, dass die Drohung allein bereits geeignet ist, eine Re-Allokation globaler Produktionsressourcen zu verursachen, die für sich genommen preistreibend wirkt. Außerdem impliziert die Glaubwürdigkeit der Drohung, dass Zölle zumindest an einigen Stellen auch tatsächlich zum Einsatz kommen könnten, jedenfalls wenn man realistischerweise nicht unterstellen will, dass die Trump-Regierung ihre Interessen vollständig durchsetzen kann.
Zweitens hätten die angekündigte massenhafte Abschiebung illegaler Migranten und generell eine deutlich restriktivere Einwanderungspolitik spürbar negative Konsequenzen für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt mit der Folge steigender Löhne und damit potenziell steigender Preise im Dienstleistungssektor. Zuletzt waren hier Risse zwischen den Absichten einzelner Politiker und der MAG-orientierten Basis der republikanischen Partei sichtbar, und es bleibt tatsächlich abzuwarten, welche Politik tatsächlich umgesetzt wird.
Drittens birgt die expansive Fiskalpolitik das Risiko eines anhaltend hohen Haushaltsdefizits und eines hohen Schuldenstandes mit der Folge, dass die Anleger höhere Zinsen für US-Staatsanleihen einfordern. Hier liegt wahrscheinlich für die neue US-Regierung die größte Herausforderung, weil zwischen der angestrebten Begrenzung der Defizite und den anderen geplanten Maßnahmen ein klarer Zielkonflikt besteht.
Weiter steigende Zinsen sind die größte Bedrohung für ein fortgesetzt positives Aktienmarktumfeld, und darauf wird in den kommenden Wochen und Monaten unser Fokus gerichtet sein. Gefragt ist eine nüchterne Analyse des tatsächlichen Handelns des neuen (alten) Präsidenten jenseits seiner täglichen Verlautbarungen auf X ebenso wie die Vermeidung von unangebrachter Sorglosigkeit.