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Economics Update Oktober 2024 - Kursfeuerwerk trotz Krise: Chinas Wirtschaft wohl nur mit temporärem Wachstumsschub

Bad Homburg, 08.10.2024
von Axel D. Angermann
  • Stützungsmaßnahmen reichen für generelle Lösung der Immobilienmarktkrise nicht aus
  • 5% Wachstum im Jahr 2024, aber kein grundlegend höherer Trend
  • Hohes Wirtschaftswachstum hat weiterhin keine Priorität für die chinesische Führung

Die von der chinesischen Zentralbank beschlossenen Zinssenkungen und vom Politbüro der Kommunistischen Partei angekündigten Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft haben seit der letzten Septemberwoche ein Kursfeuerwerk am chinesischen Aktienmarkt ausgelöst. Noch ist allerdings nicht erkennbar, dass dieser Stimulus tatsächlich zu einem nachhaltigen Aufschwung der chinesischen Wirtschaft führen wird. Dazu sind die Herausforderungen, mit denen die chinesische Führung derzeit konfrontiert ist, zu komplex. 

Chinas Wirtschaft in der Liquiditätsfalle

Der Entschluss der Regierung, die im Immobiliensektor über lange Zeit entstandenen Exzesse abzubauen, hat dazu geführt, dass die Immobilienpreise seit rund zwei Jahren sinken. Das hat die chinesische Wirtschaft in eine Liquiditätsfalle bewegt: Sinkende Zinsen führen nicht zu einer Belebung der Investitionstätigkeit, weil die Akteure angesichts des hohen Überangebots an Wohnungen mit anhaltend sinkenden Preisen rechnen. Anders als beabsichtigt hat dies eine Kettenreaktion mit gesamtwirtschaftlich gravierenden Folgen ausgelöst: Wegen der aus den sinkenden Immobilienpreisen resultierenden Vermögensverluste wird auch der private Konsum massiv beeinträchtigt, was wiederum die gesamtwirtschaftliche Dynamik erheblich bremst. Der Versuch, dem mittels steigender Exporte entgegenzuwirken, ist nur in begrenztem Maße erfolgreich, weil die Weltwirtschaft insgesamt schwächelt und sowohl die US-amerikanische Regierung als auch neuerdings die EU-Kommission Maßnahmen gegen die Flutung ihrer Märkte mit günstigen chinesischen Produkten ergreifen.

Sanierung des Immobilienmarktes braucht mehr Zeit 

Die bisherigen Schritte zur Stabilisierung der Wirtschaft waren jeweils nur kurzzeitig erfolgreich. So stellte die Zentralbank 500 Milliarden Yuan für den Kauf leerstehender Wohnungen durch lokale staatliche Unternehmen bereit, wovon bisher nur 25 Milliarden genutzt wurden, da das Geschäft für die Firmen offenbar unattraktiv ist. Zudem gibt es Widerstand von Hausbesitzern, die auf Dauer geringere Marktpreise und eine ungünstige Veränderung der Sozialstruktur in ihren Wohnvierteln befürchten, wenn ein Großteil der Häuser als Sozialwohnungen vermietet wird. Für eine nachhaltige Stabilisierung der Immobilienpreise wäre ein großes Zentralbankprogramm notwendig, wie es zuletzt im Jahr 2015 der Fall war. Die derzeitigen Maßnahmen bleiben in ihrem Umfang deutlich dahinter zurück und zielen vor allem darauf ab, das BIP-Wachstumsziel von 5% zu erreichen und ein weiteres Abrutschen der Wirtschaft zu verhindern. Dieses Ziel immerhin dürfte wohl erreicht werden, zumal die Führung in Aussicht gestellt hat, die Maßnahmen bei Bedarf auszuweiten. Eine dauerhaft deutlich höhere Wachstumsdynamik ist jedoch unwahrscheinlich: Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die chinesische Führung unter Xi Jinping ihre Prioritäten grundsätzlich verändert hätte, und diese Prioritäten liegen gerade nicht in einer hohen Wachstumsdynamik, sondern in möglichst umfassender Kontrolle und der Verfolgung spezifischer Ziele zur Stärkung (welt-)politischer Ambitionen.

Aufschlußreich war die ausbleibende Reaktion des Ölpreises auf die neuen Stützungsmaßnahmen: Würde Chinas Wirtschaft tatsächlich auf einen höheren Wachstumspfad einschwenken, hätte das erfahrungsgemäß den Ölpreis deutlich steigen lassen, da China weiterhin zu den größten Ölkonsumenten zählt. Bei chinesischen Aktien ergibt sich für professionelle Investoren angesichts der bisherigen dramatisch niedrigen Bewertung eine taktische Opportunität. Die strategischen Perspektiven bleiben allerdings verhalten.


Über Axel D. Angermann

Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte. Seine Analysen bilden die Grundlage für die strategische Ausrichtung der Multi Asset-Strategie der FERI, die vom CIO der FERI Gruppe, Dr. Marcel V. Lähn, verantwortet wird. Angermann selbst verantwortet seit 2008 die von FERI erstellten Analysen und Prognosen für die Gesamtwirtschaft und die internationalen Finanzmärkte. 2002 trat er als Makroanalyst in das Unternehmen ein. Seine berufliche Karriere begann beim Max-Planck-Institut für Ökonomie und beim Verband der chemischen Industrie. Angermann studierte Volkswirtschaftslehre in Berlin und Bayreuth.

Über FERI

Die FERI Gruppe mit Hauptsitz in Bad Homburg wurde 1987 gegründet und hat sich zu einem der führenden Multi Asset-Investmenthäuser im deutschsprachigen Raum entwickelt. Für institutionelle Investoren, Familienvermögen und Stiftungen bietet FERI maßgeschneiderte Lösungen in den Geschäftsfeldern:

Das 2016 gegründete FERI Cognitive Finance Institute agiert innerhalb der FERI Gruppe als strategisches Forschungszentrum und kreative Denkfabrik, mit klarem Fokus auf innovative Analysen und Methodenentwicklung für langfristige Aspekte von Wirtschafts- und Kapitalmarktforschung.

Derzeit betreut FERI zusammen mit MLP ein Vermögen von ca. 60 Milliarden Euro, darunter rund 18 Milliarden Euro Alternative Investments. Die FERI Gruppe unterhält neben dem Hauptsitz in Bad Homburg weitere Standorte in Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München, Luxemburg, Wien und Zürich.



Pressekontakt

Marcel Renné

Vorsitzender des Vorstandes & CEO

Rathausplatz 8-10

61348 Bad Homburg

Axel Angermann